Die Versorgung von psychisch Erkrankten in der Strafrechtspflege – Herausforderungen und Chancen

Menschen im Straf- und Maßregelvollzug weisen nach aktuellen Studien häufiger psychische Störungen und Probleme auf als die Allgemeinbevölkerung. Zahlreiche Personen in Haft haben bereits vor dem Eintritt in den Strafvollzug psychische Gesundheitsprobleme. Aber auch die Bedingungen des Freiheitsentzuges können zu psychischen Auffälligkeiten und Krankheiten (Haftpsychosen) führen. Zugleich sind nach der Haftentlassung die Hürden für eine bedarfsgerechte Versorgung im allgemeinen Gesundheitssystem für diese Gruppe höher. Die Gesundheitslage von straffällig gewordenen Menschen ist nicht nur während der Inhaftierung, sondern auch nach der Haftentlassung ein wichtiger Faktor für eine gelingende Resozialisierung. Dies stellt das Übergangsmanagement vor enorme Herausforderungen und zeigt die Notwendigkeit auf, die Behandlung, Betreuung und Resozialisierung psychisch erkrankter straffällig gewordener Menschen auf der einen Seite, aber auch die Strukturen in der Nachsorge stärker in den Blick zu nehmen. Ziel dieser Webinar-Reihe ist es, zunächst einen Überblick über auftretende Symptome und Diagnosen bei Klient:innen der Bewährungs- und Straffälligenhilfe im nationalen aber auch europäischen Kontext zu geben. Durch welche Strukturen und Modelle die Überleitung aus der Haft in entsprechende Versorgungsstrukturen gelingen kann, ist Gegenstand der letzten beiden Webinartermine.

 

Webinar 1: Was heißt hier psychisch krank? – Ein Überblick über häufig auftretende Symptome und Diagnosen bei Klient:innen der Bewährungs- und Straffälligenhilfe

27.08.2024 15.00 bis 16.00 Uhr

Menschen im Straf- und Maßregelvollzug weisen häufiger psychische Störungen und Probleme auf als die Allgemeinbevölkerung, gleichzeitig sind nach Entlassung die Hürden für eine bedarfsgerechte Versorgung im allgemeinen Gesundheitssystem für diese Gruppe höher. Stattdessen sind Mitarbeitende der Bewährungs- aber auch der Straffälligenhilfe oft die ersten und manchmal auch die einzigen professionellen Ansprechpersonen für die Betroffenen.

Ziele: Das Webinar gibt einen Überblick über jene psychischen Störungen und Symptome, die in dieser Gruppe am häufigsten vorkommen und versucht, etwas Ordnung in den Dschungel aus Begriffen, Diagnosen und Störungskonzepten zu bringen. Denn durch die zunehmende Nutzung von „Psycho-Begriffen“ in den Medien und der Gesellschaft wächst die Gefahr von Verunsicherung und Unklarheiten.

Webinarleitung:

Priv.-Doz. Dr. Jan Querengässer, an der FernUniversität in Hagen. Er arbeitet unter anderem als Experte für forensische Psychologie am Institut für Versorgungsforschung des Landschaftsverbands Rheinland (LVR). Von der FernUniversität erhielt Jan Querengässer die Venia Legendi für seine Habilitationsschrift: „Die Neuvermessung des § 64 StGB. Eine Integration von Befunden der Epidemiologie, der Prozess- und Outcomeforschung zu forensischer Suchtbehandlung im deutschen Maßregelvollzug“.

 

Webinar 2: Persons with mental health disorders in probation and prison: a European perspective

02.09.2024 15.00 bis 16.00 Uhr

Fragen rund um die psychische Gesundheit von Klient:innen im Strafvollzug sowie in der Bewährungshilfe beschäftigen die Strafrechtspflege europaweit. In dem Beitrag gibt Prof. Charlie Brooker zunächst einen europaweiten Überblick über die psychische Gesundheit und den psychischen Bedürfnissen von Personen unter Bewährungsaufsicht auf Basis mehrerer Befragungen und Studien. Anschließend macht er Vorschläge, wie eine bessere Versorgung von Personen mit psychischen Einschränkungen in der Strafrechtspflege gelingen kann, angefangen von der Organisation der psychosozialen Versorgung bis hin zur Bereitstellung von Maßnahmen und Angeboten.

Webinarleitung:

Professor Charlie Brooker, hat eine Ehrenprofessor an der Royal Holloway, University of London inne. Der Schwerpunkt seiner Forschung liegt insbesondere auf der psychischen Gesundheit von Menschen in der Strafrechtspflege. Für das COUNCIL FOR PENOLOGICAL CO-OPERATION (PC-CP) des Europarates hat er das "Prisons and probation: a Council of Europe White Paper regarding persons with mental health disorders" mit erstellt. Angekündigt ist seine neue Publikation mit dem Titel "Probation and mental health: a European perspective".

 

Webinar 3: Haftnachsorge – Überleitung in Versorgungsstrukturen

11.09.2024 15.00 bis 17.00 Uhr

Mit der Entlassung aus der Haft sind vielfältige Fragen und Herausforderungen, wie die Wohnungs- und Beschäftigungssituation, die Integration in noch vorhandene familiäre oder auch soziale Strukturen verbunden. Für ein gelingendes Übergangsmanagement gilt es ebenso für psychisch erkrankte Menschen erreichte Behandlungsfolge zu sichern und zu erhalten. Nicht zuletzt sind hierzu geeignete Infrastrukturen und Netzwerke in der Nachsorgebehandlung von entscheidender Bedeutung.

Modellprojekt zur Wiedereingliederung psychisch auffälliger Gefangener in Baden-Württemberg

Das Projekt “Wiedereingliederung psychisch auffälliger Gefangener“ startete 2023 in Baden-Württemberg. Projektziel ist die Verbesserung der Wiedereingliederung psychisch auffälliger Gefangener. Diese benötigen ein spezifisches Übergangsmanagement, um den Übergang vom Justizvollzug in die Freiheit gut zu bewältigen. Das Projekt unterhält spezialisierte Koordinierungsstellen in Schwäbisch Gmünd, Stuttgart, Heimsheim und Bruchsal, die das Übergangsmanagement für psychisch auffällige Gefangene übernehmen und sie als Strafentlassenen dann über eine Nachsorge betreuen. Die intensive Betreuungs- und Nachsorgephase verfolgen das Ziel, die Entlasssituation bestmöglich vorzubereiten und die Klienten in Freiheit zu stabilisieren. Projektträger ist der Verein Chance e.V. der das Projekt gemeinsam mit dem Netzwerk Straffälligenhilfe Baden-Württemberg GbR umsetzt.

Webinarleitung:

Sebastian Kopp, Mitglied der Steuerungsgruppe im Netzwerk Straffälligenhilfe Baden-Württemberg sowie Geschäftsführer des Badischen Landesverbandes für soziale Rechtspflege.

Forensische Ambulanzen des Strafvollzuges – ein Überblick über die forensische Nachsorge in Deutschland

In forensischen Ambulanzen des Strafvollzugs erhalten Personen, die Gewalt- oder Sexualdelikte verübt haben und zur Tatzeit schuld- und einsichtsfähig waren, eine therapeutische Behandlung, oder, bei erfolgreicher Behandlung in Haft, eine forensische Nachsorge. Ziel der Behandlung ist es dabei, das Risiko zukünftiger Straftaten zu minimieren. Nach der Reform der Führungsaufsicht im Jahr 2007 wurden in Deutschland zahlreiche forensische Ambulanzen neu gegründet oder bestehende Einrichtungen erweitert. Der Vortrag stellt die Landschaft der forensischen Ambulanzen in Deutschland vor und vermittelt Einblicke in ihre Arbeit sowie in die Aktivitäten der Bundesarbeitsgemeinschaft forensischer Ambulanzen des Strafvollzugs (BAG-FORAS).

Webinarleitung:

Dr. Miriam Kolter, 1. Vorstand Bundesarbeitsgemeinschaft Forensische Ambulanzen des Strafvollzugs e.V. und Einrichtungsleitung Psychotherapeutische Fachambulanz Stadtmission Nürnberg e.V. als psychologische Psychotherapeutin.

Landesstelle Psychiatriekoordination Niedersachsen – Mehr Transparenz für Angebote der Haftnachsorgebehandlung?

Die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen ist ein komplexes, stetig wachsendes Handlungsfeld. Die Vielfalt der versorgungsanbietenden Stellen und Projekte sowie unterschiedliche Zuständigkeiten haben eine erschwerte Überschaubarkeit einzelner Angebote zur Folge. Mit der Landesstelle Psychiatriekoordination Niedersachsen hat das Land Niedersachsen ein Projekt initiiert, welches sich für eine stärkere Transparenz der psychiatrischen Versorgungsstrukturen und -angebote sowie deren Vernetzung einsetzt.  Der Beitrag widmet sich den Fragen: Was kann ein derartiges Projekt für Praktiker:innen der Bewährungs- und Straffälligenhilfe leisten? Welche Angebote der Haftnachsorgebehandlung gibt es und wie kann die Transparenz und Vernetzung derartiger Hilfsangebote gefördert werden?

Webinarleitung:

Sabine Erven & Anna Menze, Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e.V.; Projektverantwortliche für das Projekt „Landesstelle Psychiatriekoordination Niedersachsen“

 

Webinar 4: Unterbringung von Haftentlassenen – Herausforderungen bei der Unterbringung in ambulantes betreutes Wohnen

24.09.2024 15.00 bis 17.00 Uhr

Chancen und Herausforderungen beim Übergang vom Strafvollzug in die Eingliederungshilfe

Der Übergang von Personen mit psychischen Beeinträchtigungen aus dem Berliner Strafvollzug in geeignete betreute Wohnformen der Eingliederungshilfe stellt die Beteiligten fortlaufend vor Herausforderungen. Im Gegensatz dazu ist der Prozess des Übergangs aus dem Berliner Maßregelvollzug in betreute Wohnformen gut strukturiert. Das Webinar vergleicht die beiden Vorgehensweisen und zeigt Ansätze, die sich im Maßregelvollzug bewährt haben und als Modell für den Strafvollzug dienen könnten.

Webinarleitung:

Sebastian Hämmerle, Bereichsleiter für die Wohnangebote der Wohnungsnotfall- und Eingliederungshilfe der sbh & Tim Plondzew, Bereichsleiter für die Eingliederungshilfe nach § 99 SGB IX der sbh.

 

Zielgruppen:

Praktiker:innen aus der Bewährungs- und Straffälligenhilfe, den Sozialen Diensten der Justiz sowie weitere interessierte Personen die im Beratungskontext der Straffälligenarbeit tätig sind.

Kosten:

  • Normalpreis                                   100,- €
  • Preis DBH-Mitglieder                    85,- €

Die Teilnahmegebühr überweisen Sie bitte erst, nachdem Sie die Rechnung zur Veranstaltung erhalten haben. Hinweis: Die Rechnungsstellung erfolgt frühstens ab dem 24.06.2024.

Ausschreibung: 

 

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Mitglied in der:

Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffäligenhilfe e.V.Confederation of European Probation

Kooperationspartner:

Deutscher Präventionstag
KriPoZ Kriminalpolitische Zeitschrift

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