Stellungnahme zum Entwurf für ein Landesgesetz zur Änderung des Landesjustizvollzugsgesetzes in Rheinland-Pfalz

Datum: 
2018-02-20 00:00:00

Die Nichtdurchführung für ein Diagnoseverfahren beim Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe ist nachvollziehbar. Bei der Neufassung der Strafvollzugsgesetze durch die Länder ist aus der Praxis häufig die Kritik geäußert worden, dass der Aufwand in keinem Verhältnis zu den gewonnenen Erkenntnissen über die Persönlichkeit, die Lebensverhältnisse, die Ursachen und Umstände der Straftat sowie alle sonstigen Gesichtspunkte, deren Kenntnis für eine zielgerichtete und wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung und die Eingliederung der Gefangenen  nach der Entlassung steht. In vielen Fällen sind die Fakten bei der Inhaftierung bekannt.

Alternativ verweisen wir aber auf § 7 Abs. 4 des Schleswig-Holsteinischen Strafvollzugsgesetz, in dem der Vollzug einen Ermessensspielraum hat: „Bei einer voraussichtlichen Dauer bis zu einem Jahr kann das Diagnoseverfahren auf die Umstände beschränkt werden, deren Kenntnis für eine angemessene Vollzugsgestaltung und für eine Eingliederung erforderlich ist. Unabhängig von der Vollzugsdauer gilt dies auch, wenn ausschließlich Ersatzfreiheitsstrafen zu vollziehen sind.“ In Ausnahmefällen kann daher die Diagnose aus den genannten Gründen reduziert werden.

Nach dem Anschreiben vom 19.01.2018 soll auch auf den Vollzugs- und Eingliederungsplan verzichtet werden. Auch hier geben wir zu Bedenken, ob nicht eine Ermessensvorschrift einzelnen Fällen gerechter wird. Es können sich durchaus Fragen zu Unterkunft und Arbeit nach der Entlassung sowie Kontaktaufnahme zu Einrichtungen der Entlassenenhilfe ergeben. Abhängig ist dies von dem individuellen Grund, warum vor der Inhaftierung eine Geldstrafe entstanden ist und wie eine zukünftige Haftstrafe vermieden werden kann.

Ausdrücklich begrüßen wir, dass die gewonnene Arbeitszeit für die Betreuung der Inhaftierten zur Verfügung gestellt wird.

Die Einführung eines Eingliederungsgeldes auf freiwilliger Basis, um Ausgaben für die Eingliederung anzusparen, wird ausdrücklich begrüßt. Rheinland-Pfalz hatte das Überbrückungsgeld - wie einige andere Länder auch - bei der Neufassung des Strafvollzugsgesetzes abgeschafft, da die Gefangenen nach ihrer Entlassung aus dem Vollzug die regulären staatlichen Hilfen wie ALG I und II und Sozialhilfe in Anspruch nehmen können und damals die Gefahr bestand, dass das Überbrückungsgeld darauf angerechnet werden konnte, es sei denn, es ist zugeflossen vor Stellung des Sozialhilfeantrages. Mittlerweile ist durch den neuen § 11a SGB II klargestellt, dass das Überbrückungsgeld nicht als Einkommen gewertet wird, wenn es den Bedarf der leistungsberechtigten Person für 28 Tage übersteigt. Dennoch ist es richtig die Eigenverantwortung und Selbstständigkeit des Gefangenen zu fördern insbesondere -im Gegensatz zum Überbrückungsgeld - durch die Freiwilligkeit der Einzahlung. Der Text der Vorschrift, der dem § 73 des Brandenburgischen Strafvollzugsgesetz entspricht, könnte ggf. ergänzt werden durch die Regelungen im § 68 des Berliner Strafvollzugsgesetzes.

Im § 68 Absatz 1 sind explizit Beispiele für die Zweckgebundenheit aufgeführt: „...insbesondere Kosten der Gesundheitsfürsorge und der Aus- und Fortbildung, und für Maßnahmen der Pflege der sozialen Beziehungen, insbesondere Telefonkosten und Fahrtkosten anlässlich von Lockerungen...“. Da die Höhe des Geldbetrages in der Vorschrift unbestimmt ist, gehen wir davon aus, dass sie im Vollzugs- und Eingliederungsplan festgelegt wird.

Im § 68 Absatz 2 ist eine Regelung getroffen worden, ob bei Verlegung in ein anderes Bundesland, welches ein Überbrückungsgeld hat, das Eingliederungsgeld durch Erklärung des Gefangenen wie Überbrückungsgeld behandelt werden soll oder -soweit die Erklärung nicht abgegeben wird, das Eingliederungsgeld automatisch dem Eigengeldkonto zugeschrieben wird. Dies Regelung gibt dem Gefangenen mehr Sicherheit über die Rechtsfolgen einer Verlegung.

Der Änderung des § 108 des Entwurfes wird uneingeschränkt zugestimmt. Nach den Erfahrungen des Strafvollzuges in den Bundesländern als auch im europäischen Ausland mit Radikalisierung durch religiöse Betreuer ist eine Sicherheitsüberprüfung zur Prävention notwendig und angemessen. Die erforderliche Rechtsgrundlage wird durch die Änderung des Gesetzestextes geschaffen. Der Ausnahmetatbestand ist mit der Ausbildung in der Europäischen Union und der Begrenzung des Aufenthalts außerhalb der Europäischen Union klar definiert und stellt keine grundgesetzliche Einschränkung dar.

 

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

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