Heranwachsende im Jugendstrafrecht! Appell an die möglichen Koalitionäre der kommenden Bundesregierung

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In ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025 fordert die CDU/CSU unter dem Stichpunkt: „Gleiche Rechte, gleiche Verantwortung“ die ausschließliche Anwendung von Erwachsenen-strafrecht auf Heranwachsende, also auf junge Menschen zwischen 18 und unter 21 Jahren.

Wir, Praktikerinnen und Praktiker der verschiedensten Berufsgruppen, die mit straffällig gewor-denen Heranwachsenden arbeiten, treten dem entschieden entgegen. Fachleute aus Polizei, Jugendhilfe, Justiz, Sozialarbeit und Wissenschaft sind sich einig, dass es der Möglichkeit der Anwendung des Jugendstrafrechts auf die Gruppe der Heranwachsenden auch weiterhin drin-gend bedarf. Weil es sich bewährt hat, weil es sinnvoll ist und weil es sachgerecht ist, indem es hilft, künftige Kriminalität zu vermeiden.

Die Idee, Heranwachsende aus dem Jugendstrafrecht zu streichen, ist eine Erfindung der Politik. Sie findet kein Fundament und keine Belege in der Praxis. Seit 1953 behandelt das Jugendge-richtsgesetz bereits volljährige aber noch nicht 21 Jahre alte junge Menschen bewusst differen-ziert. Und das ist notwendig! Auch noch im Jahr 2025.

Aus gutem Grund geht die Rechtsordnung an vielen Stellen davon aus, dass junge Volljährige impulsiv, beeinflussbar und vulnerabel, aber eben auch noch formbar und entwicklungsfähig sind. Ganz bewusst haben Heranwachsende daher nicht die gleichen Rechte wie Erwachsene! So finden sich für diese Altersgruppe Beschränkungen z.B. im Waffenrecht, Fahrerlaubnisrecht, Glücksspielrecht und Betäubungsmittelrecht. Zahlreiche Sonderregelungen enthalten aber auch die Sozialgesetzbücher.

Es stellt sich deshalb die ernsthafte Frage, wem konkret damit gedient wäre, das Jugendstraf-recht auf Minderjährige zu beschränken. Im Erwachsenenstrafrecht reduziert sich die Auswahl der Sanktion auf die Frage „Geld oder Knast“. Das Jugendstrafrecht gibt diese Möglichkeiten auch, eröffnet daneben jedoch mit zahlreichen differenzierten und passgenauen Sanktionsmög-lichkeiten einen besseren Zugang zu dem kriminell gewordenen jungen Menschen und damit auch zu seiner positiven Entwicklung. Wer hier Zeit und Geld investiert, um altersangemessen zu reagieren, verhindert tatsächlich künftige Kriminalität. Würde man Heranwachsende nur noch mit Geld- oder Freiheitsstrafen belegen können, wäre hingegen niemandem geholfen. Nicht den jungen Menschen persönlich, die in der Regel nicht über viel Geld verfügen. Nicht der Kriminalprävention, denn höhere oder vermeintlich härtere Strafen verhindern keine neuen Straftaten und haben keine höhere Abschreckungswirkung. Aus eben jenen Gründen wäre nicht den Opfern von Straftaten und letztlich auch nicht der Sicherheit und Ordnung gedient.

Wir, die Praktikerinnen und Praktiker, die tagtäglich mit jungen Straftätern und Straftäterinnen arbeiten, sie unterstützen, anleiten, befragen, anklagen, verurteilen und begleiten, fordern Sie daher auf:

Bewahren Sie die guten und funktionierenden Regelungen des Jugendgerichtsgesetzes auch für Heranwachsende! Übergehen Sie nicht die Meinung der Praxis!

Hören Sie uns zu, wenn wir Ihnen sagen, dass die Einschränkung des Sanktionskatalogs keine positiven Effekte − im Gegenteil sogar eher negative Effekte − hätte!

Und falls Sie Koalitionspartner werden sollten: Bitte opfern Sie nicht Ihre (und unsere) Überzeu-gung für andere Themen!

Dafür wären wirklich dankbar:

Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. (DVJJ)

DBH – Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik

Neue Richtervereinigung (NRV)

 

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Mitglied in der:

Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffäligenhilfe e.V.Confederation of European Probation

Kooperationspartner:

Deutscher Präventionstag
KriPoZ Kriminalpolitische Zeitschrift

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