Es ist ein Novum, dass eine nationale Justizbehörde bei der Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls dem Grundrechtsschutz Vorrang vor der Wirksamkeit des Haftbefehls einräumen darf und muss. Mit dieser Entscheidung verfolge der Gerichtshof eine „vermittelnde Position im System des europäischen Grundrechtsschutzes“ – er sehe die Achtung der Menschenwürde als absolute Schranke für Effizienzerwägungen im Rahmen des europäischen Strafrechtsraums. Nach Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl sind Mitgliedsstaaten grundsätzlich dazu verpflichtet einem Europäischen Haftbefehl Folge zu leisten. Neu ist durch dieses Urteil jedoch, dass unter besonderen Umständen Beschränkungen des gegenseitigen Vertrauens möglich sind und die in Art. 1 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses festgelegte Pflicht zur Achtung der Grundrechte in den Fokus der Rechtsprechung gerückt wird.
Der im Völkerrechtsblog erschienene Artikel „Europäische Einigkeit in Action: Menschenwürde im Strafvollzug“ von Eva Neumann bezieht sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 15.10.2019 (C-128/18).
https://voelkerrechtsblog.org/europaische-einigkeit-in-action-menschenwurde-im-strafvollzug/